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Wie werden Buddhas und Götterfiguren in den drei indischen Religionen Buddhismus, Jainismus und Hinduismus dargestellt?
Wenn das göttliche in menschlicher Gestalt erscheint, wie drückt man die übermenschliche, göttliche Macht aus? Für das Gottesbild ist nicht die Schönheit der vollendeten menschlichen Gestalt entscheidend wie beispielsweise in der griechischen Kunst, sondern der subtile Ausdruck eines übersinnlichen Wesens. In den Bildnissen stellen sich die Götter den Gläubigen durch Ihre sie kennzeichnende besondere Form und Haltung und charakteristische Beigaben dar, für die sich bestimmte festgelegte Vorschriften entwickelt haben. Der Gott muss auf diese und keine andere Art dargestellt werden und damit sofort zu erkennen sein. Trotz der Vermenschlichung in der Darstellung wird überall der Charakter des Göttlichen, Übernatürlichen gewahrt. Genau betrachtet ist keines der Gottesbilder im strengen Sinne wirklich menschengestaltig. Die göttliche Gestalt wird nicht als anatomische Wirklichkeit, sondern als Vision erlebt. Dazu gehört, dass indische Götter beinahe immer in unveränderter Jugend dargestellt werden. Ein deutliches, weit verbreitetes Kennzeichen einer Gottheit ist der Heiligenschein, der Nimbus. Dieses Lichtsymbol in Form einer Scheibe umstrahlt das Haupt oder auch die ganze Gestalt des Gottes und wurde etwa im 4.Jh. Auch in die christliche Kunst übernommen. Es ist ein Beispiel dafür, dass die herkömmlichen Mittel in der Darstellung des Göttlichen sich nicht auf eine Kultur beschränken müssen.
Die Art und Weise der Darstellung soll bestimmte wesentliche Eigenschaften des Gottes im Verhältnis zum Gläubigen in einem Kultbild verdeutlichen. Dazu gehört die zentrale Frage, wie jenseitig entrückt, wie meditativ-passiv und unerreichbar ist die Gottheit oder aber wie diesseitig gegenwärtig, aktiv wirksam und für den Gläubigen erreichbar ist sie. Die Gruppe der Buddhas und Tirthankaras zählt eher zu den für den Gläubigen unerreichbaren Göttern, obwohl es hier stufenweise Unterschiede gibt. Die Gruppe der Bodhisattvas und der Devas zählt unbedingt zu den diesseitigen erreichbaren und aktiv für den Gläubigen wirkenden Wesen.
Yogi oder König
Für die Ausgestaltung des menschlichen Gottesbildes wurden im Buddhismus, Jainismus und im Hinduismus zwei grundverschiedene Idealbilder maßgebend: der Bettelmönch oder Yogi auf der einen Seite und der König auf der anderen. Die Tirthankaras ( Jinas ) sind immer als Bettelmönche oder Yogis dargestellt. Dieses religiöse Ideal teilen sie bis zu einem gewissen Grad mit den Buddhas. Im Hindu-Pantheon bleibt der Yogi die Urform eines Shiva, und auch Vishnu und die große Göttin sind in einer bestimmten Erscheinungsform Yogis.
Das andere Vorbild war der König. Selbst wenn die Gottheit ein Yogi ist, so kann diese doch oftmals nach königlicher Art gekrönt werden. Obwohl die Tirthankaras nicht gekrönt und geschmückt auftreten, sind sie doch mit Thron und drei Ehrenschirmen ausgestattet, um ihre geistige Herrschaft zu betonen. Bei der Darstellung der Buddhas findet ein enges Wechselspiel zwischen der Vorstellung und den Kennzeichen des Weltenherrschers ( chakravartin ) und des Buddha als mönchischen Asketen statt. Zwischen seiner Ablehnung des königlichen Lebens zugunsten eines wandernden Bettlertums einerseits und der Darstellung als überweltlichen, universalem Herrscher andererseits scheint zunächst ein Widerspruch zu bestehen. Dich wird schließlich der historische Shakyamuni als König und Gott dargestellt und sowohl durch seine Merkmale ( lakshana ) als auch durch königliche Symbole ( z.B. Löwenthron ) gekennzeichnet. Sie gelten also für Götter wie für erleuchtete Menschen, zu denen manche Buddhas und die Tirthankaras ( Jinas ) gehören. Der Überlieferung zufolge ist der Buddha Shakyamuni mit 32 Haupt- und 80 Nebenmerkmalen ausgestattet, welche für die alte Vorstellung des Chakravartin ( einer der das Rad dreht ) kennzeichnend waren. Zur Liste dieser Merkmale gehören auch die überlangen Ohrläppchen. Auch wenn sie gekrönt und geschmückt erscheinen, tragen Buddhas unweigerlich die Kleidung eines Mönchs, welche aus drei Stücken ungeschneiderten Tuchs besteht ( trichivara ).
Der Kopf der Götter
Ohne seine Attribute und Erkennungszeichen wie die hochgetürmte Asketenkrone aus geflochtenem Haar ( jatamukata ), die Mondsichel im Haar und das Dritte Auge auf der Stirn könnte man beispielsweise das Fragment einer Shiva-Gigur, die aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgelöst ist nicht identifizieren.
Hingegen trägt der Buddha als ein Wesen, das der Welt entsagt hat, sein Haar im Prinzip geschoren. Die kleinen Locken, die sich nach rechts drehen ( dakshinavarta ), sind zum Erkennungszeichen geworden. Aber weder die frühen Gandhara-Darstellungen noch die Mathura-Bildnisse Buddhas stellen diese Merkmale dar. Das macht deutlich, dass es damals, als die ersten Buddha-Bildnisse entstanden, noch keine verbindliche Überlieferung gab, welche die angemessene Form des Buddha-Bildnisses festgelegt hätte. In chinesischen Darstellungen des Buddha findet man, wie bei Gandhara-Darstellungen, weiter das wellige Haar. In einigen Fällen zeigen südostasiatische Buddha-Bilder Locken, die sich nach links drehen. In der späten Khmer-Kunst
erhalten buddhistische wie hinduistische Götter weibliche wie männliche Figuren, den gleichen Kopfschmuck als Zeichen einer Vereinheitlichung aller religiösen Richtungen, deren Unterschiede aufgehoben werden.
Der Kopf des Buddhas zeichnet sich weiter durch einen wulstförmigen Schädelauswuchs ( ushnisha ) aus, der sich am Scheitelpunkt erhebt. Der Begriff Ushnisha kan aber auch einen Turban meinen. Sicherlich aht der Buddha vor seiner Weltentsagung einen Turban getragen, wie es damals üblich war. Später wurde der Ushnisha als Quelle der Weisheit betrachtet.
Neben dem Schädelauswuchs ist der muttermalähnliche Fleck zwischen seinen Augenbrauen ( urna ), dessen Bezeichnung auf einen Haarbüschel hindeutet, eines der auffälligsten Merkmale des Buddha. Oft sitze die Urna zwischen den Augenbrauen oder etwas höher, wie das im Tempel aufgetragene Stirnmal aus geweihtem Pulver oder das kosmetische Schönheitsmal indischer Frauen. Manche betrachten sie auch als verwandt mit dem dritten Auge der Stirn Shivas. Die eigentliche Bedeutung ist unklar. In Indien kam die Urna nach der Gupta-Periode ( 320-510 ) aus der Mode, in Ostasien blieb sie dagegen ein Merkmal der Buddha-Bildnisse. Auch in Thailand und Kambodscha sieht man sie gelegentlich. In der Dvaravati-Kunst hingegen werden die Augenbrauen des Buddha in einer durchgehenden wellenförmigen Linie verbunden. Dies geht auf die Vorstellung zurück, nach der die durchgehenden Augenbrauen das Zeichen eines glücklichen Menschen seien.
Die Hände der Götter
Die Hände der Gottheit verdeutlichen in besonderen Maße, wie meditativ-passiv oder wie tätig-aktiv die Gottheit ist, wie hilfreich offen oder wie selbstbezogen verschlossen. Die Haltung von Hand und Fingern ( mudra ) deutet gewöhnlich eine Tätigkeit an, mit welcher der Dargestellte beschäftigt ist. Eine typische Handstellung in früherer Zeit ist die Abhayamudra, welche die Idee des > Fürchte Dich nicht < darstellt. Dabei ist die erhobene Hand, die Finger nach oben, dem Betrachter zugewendet. Die Abhayamudra wurde in Matura für Gottheiten aller drei Religionen verwandt. Sie geht als Geste der Macht bis auf achämenidische Reliefs zurück. Ebenfalls in allen drei indischen Religionen verwendet wird die Varadamudra, welche die Gnade Gottes durch die Gewährung von Segen und Gaben versinnbildlicht, indem die ausgestreckte Hand nach unten weisst. Die Abhayamudra ist wie die Varadamudra eine fundamentale Geste, die eine direkte Beziehung zwischen dem Gott und den Gläubigen herstellt.
Zwei weitere Handhaltungen, die in verschiedener Weise die Verkündigung der Lehre darstellen, sind Gesten, die den Buddhas vorbehalten sind, dies schon deswegen, weil die Hindu-Gottheiten mit Ausnahme von Shiva-Dakshinamurti keine Lehren verkünden. Die Geste des > Drehens des Rades der Lehre < ( dharmachakrapra-vartanamudra ) wird mit beiden Händen ausgeführt, und auch zum Predigtgestus ( vitarkamudra ) gebrauchen die Buddhas meist beide Hände. Zu den Gesten, die eher die meditativ-passiven und selbstbezogenen Seiten der Gottheit kennzeichnen und daher in der Regel bei Hindu-Göttern ebenfalls nicht vorkommen, gehören die Geste der Meditation, Dhyanamudra, und die Geste der Erdberührung. Bhumisparshamudra, die ausschließlich den Augenblick der Erleuchtung des Buddha versinnbildlicht. Weder die Tirthankaras noch in der Regel die Buddhas, die beide in ihren Reihen einen irdisch-menschlichen Gründer haben, werden mit unnatürlich vervielfältigten Gliedern dargestellt. Dies ist bei Bodhisattvas und bei Hindu-Göttern der Fall, deren Wesen durch tatkräftiges Helfen und Handeln bestimmt ist. Die Zahl der Hände kann sich von zwei über vier bis auf tausend vermehren.
Neben der reinen Handhaltung selbst drückt sich Tun und Wesen der Gottheiten, ähnlich wie bei den christlichen Heiligen auch, durch die sie kennzeichnende Attribute aus, die sie halten. Hinduistische Gottheiten zeigen bevorzugt Waffen in ihren Händen, die zugleich mehrere Botschaften vermitteln können.
Sitzen, Stehen, Liegen
Wenn ein Kultbild einen Gott sitzend, stehend oder liegend darstellt, ist dies keine beliebige, vorübergehend eingenommene Haltung, sondern ein Zustand, der einen wichtigen Teil seines Wesens ausdrückt. Hindu-Götter werden beispielsweise selten sitzend gezeigt, da sie eher aktiv handelnd gedacht werden. Allerdings kann eine besondere Standhaltung auch Meditation ausdrücken. Von den Sitzarten ( asanas ) stammen viele aus der Yogapraxis. Die übliche meditativ verschlossene Sitzhaltung des Buddha ist der Lotossitz. In Darstellungen vom Tode bzw. dem endgültigen Verlöschen des Buddha wird das stehende Bildnis auf die Seite gelegt; daher wirken diese Figuren häufig unnatürlich steif. Wenn der Buddha steht, wird er oft in einer kerzengeraden Haltung gezeigt. Zuweilen erscheint sein Körper aber in einer Art Kontrapost geschwungen, welcher auf den Betrachter diesseitig gelöst wirkt. Grundsätzlich stellt eine göttliche Gestalt ihren Fuß nie direkt auf den staubig-irdischen Boden. Götter sind durch einen die Reinheit symbolisierenden Lotossockel ausgezeichnet. Hindu-Götter werden von einem dem Wesen jedes Gottes gemäßen eignen > Fahrzeug < in Tiergestalten getragen oder zumindest begleitet.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]